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25 Jahre Mauerfall: Mein Tagebuch Januar-März 1989 (Best Of)

Posted in - Bier on Dezember 7th 2014 0 Comments

Das komplette Tagebuch wird am 11. September 2015 als Buch erscheinen. Damit die Wartezeit nicht zu lang wird, mach ich an dieser Stelle ein kleines Best-Of der  ersten vier Monate 1989.

01.01.

Neues Jahr, neues Glück!? Die Kopfschmerzen sind nicht weniger ätzend, als im letzten Jahr. Neujahrsessen bei Mutter. Onkel Kurt, die Stasiratte, will unbedingt anstoßen. Auf das 40. Jahr unserer Republik. Mir is eh schlecht, da ist es egal, worauf ich trinke.

02.01.

Erster Arbeitstag im WSSB. Ich muss haufenweise Belehrungen unterschreiben. Sind ja hier schließlich im Grenzgebiet. Die Einweisung macht Karin, die scheint nett zu sein. „So, da ist dein Schreibtisch. Setz dich erst mal hin und lies Zeitung. Und morgen bringst du dir ein Buch mit.“

„Was ist denn meine Aufgabe?“

„Einfach da sein. Mehr nicht. Gibt grad nichts zu tun.“

Mit einfach da sein, kenn ich mich aus. Das krieg ich hin.

13.01. (kann man hier auch sehen und hören)

Den ganzen Tag auf die Schreibmaschine eingehämmert. Schaff es jetzt, nicht darüber nachzudenken, was ich da tippe. Sollen die doch rosa streichen, was sie wollen. Oder grün. Oder auch nicht.

Im „Schmenkel“ spielen „Wartburgs für Walter“. Die sind ziemlich cool. Ich tanze und hab irgendwann eine Zunge im Ohr. Die Rote-Rita. Sie verspricht, nie wieder das P-Wort zu sagen. Wir gehen zu ihr und mit einer Flasche Rotwein ins Bett. „Fühl mal, wie feucht mein Flansch ist!“ sagt sie. Treffer. Ich werde nie wieder mit der mitgehen.

12.02.

Ich will nicht aufstehen, ich will keine Realität und keinen grauen Ostberliner-Sonntag. Anne offensichtlich auch nicht. Wir bleiben im Bett.

Später laufen wir Hand in Hand die Schönhauser Allee entlang und sehen der Sonne beim Untergehen zu. „Lass uns in den „Schusterjungen“ gehen. Da war ich früher immer mit meinen Eltern.“ sagt sie und ich würde mit ihr überall hin gehen. Sie bestellt Schnitzel, ich Blutwurst. Später bringt sie mich zur Straßenbahnhaltestelle.

19.02.

Mit Anne ins Babylon zu „Winter Ade“. Irgendwann erwischen wir uns dabei, dass wir beide heulen. Sie richtig, ich heimlich. Dieses Land ist doch einfach die totale Krätze. Im Bett halten wir uns die ganze Nacht fest.

01.03.

Weil heut Tag der Volksarmee ist, treffen wir uns im Schreiner Hof und trinken auf die armen Schweine, die in den Kasernen sitzen und den Frieden beschützen müssen. Und darauf, das wir nicht dazugehören, weil wir dienstunfähig sind.

03.03.

Freunde-Treffen in der Broiler-Bar. Kathi will unbedingt mit mir über Anne reden. Davon wird mir auch nicht besser. Dario will wissen, ob irgendjemand eine Idee hat, wo er arbeiten kann, und Peter will wissen, ob jemand seine Rechung bezahlen kann. Er hat sein Geld vergessen. Torsten findet, wir sollten noch in den „Schmenkel“ gehen und ich finde das auch.

15.03.

Im Blumenkasten vor dem Küchenfenster blühen die Krokusse. Das gefällt mir. Früh spielen sie „Heroes“ aufm SFB. Dabei muss ich an Nadja denken. Ist schon über ein Jahr her, dass sie ausgereist ist. Hat sich nicht ein einziges Mal gemeldet. Die blöde Kuh.

 

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