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AUF DER METALCOUCH (Legacy 54, April 2008)

Posted in - Auf der Metalcouch on April 4th 2008 0 Comments

Auf der Metalcouch mit Mikis Wesensbitter

…sitzt heut endlich mal wieder überhaupt niemand! Den Winter konnte ich schlussendlich mit dem Zug nach Süden verfrachten und wo hier jetzt wieder Ruhe herrschte, war Frühjahrsputz angesagt. Grossreinemachballet, wie Oma immer sagte. Das tat auch echt Not, der ganze Staub und Dreck, die beschlagenen Fenster und der olle Mief, das drückte einfach zu doll aufs Gemüt.

Was zieht man eigentlich an, wenn man auf Mission Frühjahrsputz ist? Ein oldschooliges Darkthrone-Longsleeve? Eine Lederjacke? Oder einen Blaumann? Für welche Technologie entscheidet man sich? Kärcher oder Besen? Fensterleder oder Sidolin, Lappen oder Mikrofasertuch? So viele Fragen, aber Ihr ahnt die Antwort sicher schon, natürlich kommt in die heiligen Hallen kein modernes Equipment. Hier wird noch von Hand geputzt und die Teppiche werden klassisch an der frischen Luft ausgeklopft. Mit freiem Oberkörper natürlich, das versteht sich ja wohl von selbst! Denn wenn Mann putzt, dann soll er dabei auch auf jeden Fall eine gute Figur machen.

Drei Tage dauerte das Putz -Inferno an, und dann war aber auch die letzte Staubfluse vertrieben.

Strahlend sauber, hell und clean glänzte alles, selbst die Couch war so was von porentief rein, dass ich mich mit meinem Karjala-Export nicht traute, darauf Platz zu nehmen. Ich setzte mich auf den Fussboden, auf die blankgeputzten Dielen und betrachtete die Metalcouch, dieses Wunderwerk der Möbelbaukunst. Wenige Dinge behalten ihren Glanz, verweigern sich den Reizen der Moderne so konsequent, bleiben zeitlos. Aber manche tun es. So wie diese gute, treue Couch. Mir wurde richtiggehend sentimental. Das ist die Heimtücke beim Putzen. Es macht so weich im Kopf! Vielleicht putzen Männer deswegen so ungern. Mit einer Hand fuhr ich über das samtigweiche Polster hinweg. Ach, wie hatte mich dieses Möbelstück all die Jahre inspiriert. Was wollte ich nicht alles werden, seit ich zum ersten mal darauf gesessen hatte. Feuerwehrmann, Kosmonaut und einmal sogar Schaffner! Puh, war ich wirklich froh, dass ich diesen Drängen nie nachgegeben hatte und statt dessen ein aufrichtiger Kolumnist geblieben war? Ich atmete tief durch, suchte nach meinem inneren Gleichgewicht und versuchte mich in Meditation zu versenken. Eine große Hilfe war mir dabei die Erkenntnis, dass man glücklicherweise nur einmal im Jahr Frühjahrsputz machen musste.

Wohlan, wirbelt nur da Staub auf, wo Ihr auch damit umgehen wollt, tanzt nur auf Wiesen barfuss, die Scherbenfrei sind und vor allem mögen die Brauereinen Eures Herzens von Gefühlsgefrierbrand verschont bleiben.

 

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