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AUF DER METALCOUCH (Legacy 75, Oktober 2011)

Posted in - Auf der Metalcouch on Oktober 4th 2011 0 Comments

Auf der Metalcouch  mit Mikis Wesensbitter

… gibt der Autor heute (s)ein dunkles Geheimnis preis. Nicht weil ich plötzlich meine exhibitionistische Ader entdeckt habe, oder eine neue Outing-Welle angesagt ist. Es ist viel schlimmer. Denn bald wird die Welt nicht mehr dieselbe sein, wie ich sie kenne. Nein, nicht weil Darkthrone sich auflösen oder Motörhead aufhören zu touren, nein, das wird ja schließlich auch nie passieren. Es ist noch viel, viel schlimmer! Denn wenn Thomas Gottschalk bald aufhört „Wetten dass, …“ zu moderieren, wird mein großer Jugendtraum an den Klippen der Schicksalsgestade zerschellen! Wie bitte, werdet Ihr Euch jetzt fragen. Aber auch wenn Ihr das nicht glauben werdet, Ihr habt ganz richtig gelesen. Manche Jungs wollen Feuerwehrmann werden, mache wollen Polizist werden, manche Sänger in einer Black Metal-Combo, und ich wollte immer bei Thommy (wie ich ihn heimlich nenne) auf der Couch sitzen. Als Wettkönig! Was hab ich mir nicht den Kopf zerbrochen, was hab ich nicht getüftelt. Natürlich sollte es nicht so ein Autokunststückschrott oder Geschicklichkeitsschabernack sein, das war viel zu billig, es sollte eine Wette sein, die niemand toppen konnte, eine Wette, die die Zuschauer fassungslos machen würde und über die selbst in Jahrzehnten noch gesprochen würde. Eine Legende sollte es sein.

Und ich trainierte hart dafür. So konnte ich irgendwann 99 Biersorten an ihrem Geschmack erkennen, 33 Ex-Freundinnen an einem einzelnen Schamhaar unterscheiden und 66 Grassorten nach ihrem Geruch sortieren. Mit keiner dieser Höchstleistungen wurde ich ausgewählt und schaffte es in die Kandidatenwahl. Mein Wissen zerfiel zu Staub, weil der Biergeschmack immer mehr vereinheitlicht wurde, weil Ex-Freundinnen irgendwann sowieso keine Schamhaare mehr hatten, und das ganze Gras plötzlich genmanipuliert war. Ich versuchte es irgendwann noch mal mit einer Igeldressur, schließlich gab es in den frühen Metal-Couch-Zeiten hier jede Menge hochtalentierte Igel als Gäste. Aber beim Casting waren die Igel dann so besoffen, dass sie vom Drahtseil gefallen sind, und meine ganze Dressurnummer wurde zu einer einzigen Blamage. Ich hab nie aufgegeben, immer an neuen Projekten gearbeitet, aber keins geriet so, wie ich es mir selbst vorgestellt hatte. Und nun ist es für immer vorbei. Es wird keinen Wettkönig Mikis Wesensbitter geben, denn egal wer auf Gottschalk folgt, es wird nicht mehr dasselbe sein. Und vielleicht ist das ja auch gut so, vielleicht muss man ja irgendwann seine Träume beerdigen, weil dann endlich Platz ist für neue. Vielleicht sollte man Sex einfach genießen, anstatt die Schlüppis der Partnerinnen sofort in ein Raster zu packen, und vielleicht sollte man einfach mit Freude trinken, anstatt die Biersorten an dem Sound ihres Aufschäumens unterscheiden zu wollen. Aber traurig ist es natürlich trotzdem, und alles andere wäre ja auch nur Blasphemie, denn schließlich darf man seine Träume nicht umsonst gehabt haben.

So, und da das nun geklärt ist, kann ich auch mit gutem Gewissen die Kerzenlicht-Saison eröffnen. Stammleser wissen ja, das hier eine gehörige Skepsis gegenüber dem jahresendlichen Konsumwahn herrscht, aber wenn der November so richtig kalt, grau und dunkel ist, dann darf man auch schon mal den Glühwein auf die Herdplatte stellen und es sich gemütlich machen. Und sich die natürlich die skandinavischen Julbier-Leckereien zur Brust nehmen. In diesem Jahr sollen den Gerüchten nach Mariestads und Falcon die besten Biere gebraut haben, aber dafür will ich noch nicht meine Hand ins Feuer legen, jedenfalls nicht so lange, bis meine Testpakete eingetroffen sind. Wohlan, dann genießt die diesigen Tage und die nebelverhangenen Nächte. Macht es Euch schick daheim auf der Couch und draußen in der Düster-Disse. Haltet Euch fern vom vorweihnachtlichen Einkaufsstress, sucht Euch lieber neue Lieblingsfilme für das adventliche Heimkino, bei denen Ihr den Emotionen mal wieder so richtig freien Lauf lassen könnt. Vor allem aber mögen die Brauereien Eures Herzens von emotional vergifteten Zimtsternen verschont bleiben.

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