Auf der Metalcouch (Legacy 60/April 2009)
Auf der Metalcouch mit…
…Mikis Wesensbitter…
..wird heut natürlich auch richtig ausgelassen gefeiert. Und zwar nicht nur 10 Jahre Legacy, denn wenn wir schon einmal beim schwofen sind, dann nehmen wir auch gleich noch das 8-jährige Metalcouch- Jubiläum mit. Aber bevor ich wieder rituell mit freiem Oberkörper in die Geburstags-Creme-Torte springe und mich mit Bier übergieße, wenden wir den Blick erst einmal rückwärts, genießen den wohligen Schauer des Retroflairs und schauen auf einen grauen Frühling im Jahre 2000 :
In einem verrauchten Büro, in das durch die geschlossenen Rollläden nie Tageslicht drang, in dem der Kaffee schwarz getrunken wurde, weil die Milch vor lauter Nikotin sofort ausflockte, wo es zum Mittag Bouletten oder Bockwurst, oder beides gab, da wurde ich Soundcheck-Assistent, und Kleinanzeigenbearbeiter, und Leserbriefabtipper. Und weil ich dabei so fleißig und penibel war, bekam ich meine eigene Kolumne. Und die konnte ich ja unmöglich in der nikotingeschwängerten Büroatmosphäre spielen lassen. Also mietete ich im virtuellen Raum eine Vorstadtvilla an, mit einem verwilderten Garten drum herum und ließ die Zimmer ganz nach meinem Gusto einrichten. Aber da fehlte noch etwas, das I-Tüpfelchen, das schwarze Sahnehäupchen. Das wurde dann die handgefertigte Metalcouch. Und dann konnte es auch schon losgehen. Die ersten Couch-Sitzungen waren noch von einer gewissen sprachlichen Unsicherheit geprägt, dafür aber herzerfrischend und interaktiv. Weil, es durften ja immer mal wieder Leser Platz nehmen und aus ihrem Erfahrungsschatz plaudern. Über ihre Reisen nach Afrika, oder nach Weimar, oder darüber wieso sie Elvis cooler fanden als Evil Dead. Und wenn mal kein Leser reden wollte kamen Igel, Aliens und durstige Postmänner zu Besuch. Schön war auch die Zeit in der es Praktikantinnen gab, die sich alle durch eine gewisse Garstigkeit hervortaten. Zweifellos immer dabei waren gute Biere. Es wurde quer durch alle Kontinente getrunken, Schätze und Raritäten der Braukunst verkostet und getestet, genauso wie schnödes Industriebier. Kann man sich ja kaum noch vorstellen, das es auf der Couch auch irgendwann mal sowas wie Becks zu trinken gab. Ein Bier hat es definitiv geschafft zum Beer-Of-Metalcouch zu werden. Langjährige Leser werden jetzt wissend mit den Augen rollen und den kühlen perligen Geschmack auf der Zunge spüren. Jawohl, Ihr hab Recht! Karjala Export aus Finnland. Das Bier, gebraut mit der eisernen Hand.
Wenn ich mir die Couch so anschaue, sieht sie immer noch so aus wie am ersten Tag, scheinbar konnte ihr die Zeit nichts anhaben. Was für den Schreiber dieser Kolumne eher nicht gilt. Obwohl, bei Kerzenlicht betrachtet und mit einem leichten Weichzeichnereffekt angehaucht, sehe ich sogar ein bisschen jünger aus als vor acht Jahren. Aber die Rückenschmerzen und Verspannungen, die gab es damals noch nicht.
Bevor ich jetzt aber wirklich in die Torte springe, darf natürlich nicht vergessen werden, eine dominierende historische Gestalt zu erwähnen, die Frau die nun schon seit über vier Jahren die Couch-Szenerie bestimmt. Franka nämlich. Unglaubliche 23 Teile gibt es inzwischen von ihr und immer noch ist die Frage unbeantwortet, ob sie denn nun noch Black Metal hört. Eigentlich sollte die Antwort ja schon im dritten Teil gegeben werden, aber wie das im Leben so ist, manche Dinge verfestigen sich eben. Manche Sachen werden ganz unverhofft zum Lebenselixier.
Jetzt ist aber genug gelabert! Jetzt wird laut Musike (Gruppe Manos) aufgedreht, das T-Shirt (In The Woods) vom Leib gerissen und mit Eins-Zwei-Drei Anlauf genommen. Platsch, fliegt der Tortenbelag durch die Gegend, spritzen Sahnecreme, Erdbeeren und Schokosplitter durch den Raum, als mein Körper längsseits in das Backwerk kracht. So muss man aussehen, wenn man feiert! Da fehlt zur Perfektion nur noch ein belgisches Bier. Und zufälligerweise hab ich das genau in diesem Moment ein „Brigant-Bier“ in der Hand und gieße es mir über den Kopf, in den Schlund, über die Brust. Dazu schreie ich vor Vergnügen unanständige Wörter und lache lauthals und zufrieden. Es gäbe noch so viele Geschichten zu erzählen, aber dafür gibt es ja die nächste Metalcouch, und die übernächste… und die zum zehnjährigen Couch-Jubiläum.
Genießt den Zauber der Jahreszeit, die magischen Momente der ersten Nacht im Freien und die ersten Outdoor-Biere der Saison. Gebt Euch fleischlichen Gelüsten hin und vergesst alle Problemzonen. Vor allem aber mögen die Brauereien Eures Herzens Euch auch in Zeiten wie diesen gewogen bleiben .