FREIBERGER PILSNER: FACKELN IM STURM
Mein Urgroßvater wurde 1900 geboren und trank sein ganzes Leben lang Freiberger Pilsner. Mein Großvater wurde 1924 geboren und blieb dem Freiberger immer treu. Egal ob Feierabendbier auf der Gartenbank, oder Familienfeier, das Freiberger war immer dabei. Unvergessen sind die langen Sommerferien, in denen im Dorfkonsum das Bier ausverkauft war und wenn nach darbenden Wochen endlich wieder Nachschub kam, dann tranken die Altvorderen, das es nur so krachte. So was prägt natürlich und irgendwann wurde das Freiberger auch zu meinem Lieblingsbier. In meiner Küche wehte die Freiberger Fahne und jeder Besuch in Sachsen begann mit einem kühlen Freiberger Pilsner. Bei dem einen blieb es natürlich nie, und so manches Partywochenende in Dresden oder Freiberg wurde erst durch das Freiberger zum wahren Exzess. Doch irgendwann kam der technische Fortschritt, die Brauerei verschwand aus der Innenstadt und eröffnete vor den Toren der Stadt ein neues, größeres, moderneres Domizil. Nun konnte man es auch in Berlin kaufen. Nur wollte ich das gar nicht, denn wenn man etwas jeden Tag haben kann, verliert es seinen Reiz. Was aber noch viel schlimmer war: das Freiberger schmeckte einfach nicht mehr. Aus einem Original war ein austauschbares, langweiliges Premiumbier geworden, ein Jedermannsbier mit Massentauglichkeit. Und heute? Nehme ich mir, immer wenn ich in Sachsen bin, mit sentimentaler Rührung im Herzen, eine Freiberger Pilsner Flasche aus dem Kasten, schau ihr ganz tief in die Augen und sage: “Kleines! Früher, als du noch echt warst, da hab ich dich geliebt. Es war schön mit dir, es war wild mit dir und es hing verdammt viel Familientradition an dir. Aber es ist vorbei. Schade!“ Dann muss ich mir eine Träne aus dem Augenwinkel wischen. Und manchmal, da sieht das Freiberger auch so aus, als wäre es verdammt traurig.
Brauerei: Freiberger Brauhaus
Land: Deutschland
Typ: Pilsner
Prozent: 4,9
passt zu: Ballonfahrten, Hundegeburtstagen und Bratkartoffeln mit Sülze