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Wir hatten ja nüscht im Osten… aber Kirchentag hatten wir auch!

Posted in - Bücher & Entertainment on Mai 23rd 2017 0 Comments

Ich fand Kirchentage schon damals volle Kanne doof! Und deshalb passt dieser Auszug aus meinem Buch „Wir hatten ja nüscht im Osten…nich‘ ma Spaß!“gerade perfekt!

Freitag 26.05.1989

Torsten und Kathi kommen vorbei. Wir kaufen Bier und Fleisch in der Kaufhalle und machen Falschen Hasen. Eigentlich ist heute unser Eingabe-Tag, aber wir sind alle extrem unmotiviert. Wir müssen uns regelrecht zwingen, unser Material auszupacken, während der Hackbraten im Backofen ist.

„Okay, einen Brief muss jeder schreiben! Das ist Pflicht. Alles andere ist Kür“, sagt Kathi und fängt gleich an.

Liebe Genossin Margot Honecker,

ich habe ja zum Thema Frauenhygieneartikel schon mal geschrieben. Und keine Antwort erhalten. Weiterhin herrscht Mangel an Monatshygieneartikeln im Stadtbezirk Friedrichshain. In meiner Notlage musste ich jetzt Tampons benutzen, und wissen Sie was? Da kann ich mir ja gleich ein Stück Holz in die Scheide schieben. Das tut genauso weh, saugt aber bestimmt besser auf als dieser komische Imuna-Mist. Beim DFD bekomme ich auf meine Fragen auch nur Schulterzucken, sie sind ja ein Frauenverband und keine Plan-Lenkungskommission, sagen die da.

Ich werde jetzt einen Ausreiseantrag stellen. Die Westfrauen haben solche Probleme nämlich nicht und ich habe einfach keine Lust mehr, ständig Regelschlüpfer zu waschen. Das kann doch nicht wahr sein, das wir hier, in einem der führenden Industrieländer der Welt, keine vernünftigen Frauenhygieneartikel hinbekommen.

Sabine Rindelhardt

Hackbraten klassisch by Mikis Wesensbitter

Torstens Eingabebrief:

Schönen Tag auch Günther Mittag,

hoffe Ihnen geht es gut. Mir gehts ja grad nich’ so gut, ich hab fiese Bauchschmerzen. Liegt bestimmt am Essen. Hatte Letscho mit Wellfleisch. Beides aus dem Glas. Ich glaub, eins davon war nicht mehr gut. Passiert ja öfters mit den Konserven. Oh man Günter, jetzt hab ich gerade so einen Donnerfurz abgelassen, dass die Oma in der Etage über mir garantiert denkt, der dritte Weltkrieg ist ausgebrochen. Alter Relaisschalter, das stinkt wie die Hölle von Verdun! Wie neulich, da hatte ich Soljanka aus der Büchse. Davon musste ich so furzen, dass ich jetzt ein Brandloch im Sofa habe. Aua, das hört gar nicht auf mit den Schmerzen. Jetzt kracht es gleich wieder.

Tschüss Günter. Ich muss hier raus, der Gestank ist so schlimm, dass ich das nicht aushalte.

Rot Front & bis bald

Körner, Thomas“

 

Dann bin ich dran:

„Lieber Werner Jarowinsky,

Sie sind ja im Politbüro für Kirchenfragen zuständig, aber tun Sie auch was? Ich meine, dass Sie die Kirchen nicht einfach abreißen lassen können, das verstehe ich ja, aber kann man da nicht was anderes draus machen? Kaufhallen? Broilergaststätten? Jugendclubs? Mir geht das ständige Glockengeläute auf die Nerven! Und die Christenkasper erst recht! Sehen alle aus wie Jesus, reden nur Sülze und halten sich für was Besseres.

Ich hatte mal eine Freundin, die konnte sich nicht mit mir treffen, weil sie mit ihren Katholiken Dampfer fahren musste! Na gibts denn so was? Und meine letzte Freundin hat sich getrennt, weil ich nicht mit ihr zum Gesprächskreis Christlicher Frauen gehen wollte. Und jetzt soll schon wieder ein Kirchentag in Berlin stattfinden!

Können Sie so was nicht verbieten? Wie viele Beziehungen werden wohl diesmal dran glauben müssen? Wie viele Ehe-Kredite werden sinnlos werden? Ich lebe doch nicht in einem sozialistischen Staat, um mich von den Christen herablassend anschauen zu lassen und mich als Mensch zweiter Klasse zu fühlen. Weil die alles dürfen, unter dem Deckmantel ihres komischen Glaubens. Da wird es wohl Zeit, dass endlich mal jemand die Sache in die Hand nimmt! Wenn Sie das leuchtende Fanal am Nachthimmel sehen, dann war ich das, der die Samariterkirche in Brand gesetzt hat. Und das wird erst der Anfang sein! Brennen werden die Christenbuden, eine nach der anderen!

Für eine DDR ohne Gotteshäuser!

Für ein Land ohne Pfaffen und Priester!

Für ein Land ohne Glauben!

Die Rote Fahne weht im Wind!

Rainer Räthelmann“

Berliner Pilsner Original DDR Abfüllung

Kathi und Torsten sehen mich verstört an.

„Was?“, frag ich.

„Das ist nicht lustig“, sagt Kathi.

„Doch!“

„Nein, die wollen doch dasselbe, die wollen doch auch keine Kirchen mehr im Osten!“

„Ja vielleicht, aber die können ja nix machen. Die müssen ja aufpassen, dass es der Kirche gutgeht. Sonst gibts ja Ärger mit dem Westen. Und deshalb ist das total lustig, weil jetzt müssen die Idioten ja die Samariterkirche doppelt bewachen. Einmal wegen der Opposition und einmal wegen dem Brandstifter. Da haben die bestimmt richtig Bock drauf!“

Nach wie vor erhältlich für Vierzehnfünfzig:

wirhatten800

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