AUF DER METALCOUCH (Legacy 63/Oktober 2009)
Auf der Metalcouch…
…mit Mikis Wesensbitter
…hatte ich mir heut eigentlich Freunde eingeladen. Jeder sollte mitbringen, was der Herbst so hergibt. Der eine Hagebutten, der andere Kastanien, einer Bucheckern und irgendwer natürlich auch Eicheln. Ich würde mich um das entsprechend herbstliche Bier kümmern. Aber meine Freunde hatten alle keine Zeit. Schließlich war die Championsleague gerade gestartet, und die neue Euro-Liga auch, und der neue Job hatte angefangen und das Snowboard musste abgeschliffen werden, was weiß ich, was noch alles. Dafür wollten sie ihre Freundinnen vorbeischicken. Ich hielt das für einen schlechten Scherz und reagierte nicht. Und deshalb hab ich also jetzt Marlene, Katrein, Kirsten und Giana hier zu Besuch. Mit den Kindern Max, Torben, Gwendolin, Tiara und „hab ich mir nicht gemerkt“. In Null-Komma-Nix wurde aus meiner Männerherbstabend-Idee etwas ganz anderes. Die Kids räumten mein Plattenregal aus und warfen mit den heiligen Limited Editions durch die Gegend, während die Mütter Marzipanstollen und Lebkuchen auftafelten. Ich rief laut Frevel und Schande, aber mir wurde sofort mit Dominosteinen der Mund gestopft. Blödsinn meinten die Weiber mampfend und schmatzend. Wenn’s Stollen gibt, dann darf man den auch essen! Von wegen warten bis zum Advent. Die Kinder spielten inzwischen Verstecken und schmierten mit ihren Schokoladenpfoten den Teppich und die Wände voll, bis eine der Mütter, ich glaub es war Katrein, aus ihrer Handtasche eine CD zauberte und damit die Kinderdisko eröffnete. Die Zerstörungskraft war immens. In meinem Kopf und an meinen Reliquien. Es dauerte lange, sehr lange, bis sie alle endlich gehen mussten. Als sich auch das letzte Kind den Dreck aus den Gummistiefeln gehüpft hatte, in meinem Flur, frage mich die sommersprossige Gwendoline ob sie nicht Halloween bei mir feiern durften. Bei mir wäre es so schön gruselig. Hurra! Bitte Onkel Wesensbitter schrien alle, und auch die Mütter waren schier aus dem Häuschen vor Begeisterung. Schade das ich zu Halloween im Ausland war und nicht da sein konnte. Da waren alle traurig, Tränen kullerten die Wangen herab, laut wurde geschluchzt und eins der Plagen trat mir gegen das Schienbein. Es war Torben, der mit dem ADHS.
Nun sitze ich alleine auf der Couch, trinke ein kaltes Keizer Karel Bier und fühle Schmerz in mir. Eine schwere Aurareinigungsräucherwolke umhüllt mich. Bis heute Nachmittag hatte ich noch Freunde, jetzt nicht mehr. Ich kenne diese fremden Männer nicht mehr, die es gewagt hatten, mir ihre Brut vorbeizuschicken, damit sie meine Idylle zerstören konnten. Ich schämte mich, jemals jemanden meinen Freund genannt zu haben, der sein Leben mit so penetranten Frauen wie Kirsten oder Giana teilte. Außerdem nahm ich Abschied von meiner tickenden biologischen Uhr und verschob meine diffusen Wünsche nach Nachwuchs auf in mindestens zehn Jahren. Wie ihr, mit der biologischen Uhr umgeht, müsst Ihr natürlich selbst entscheiden, aber vielleicht gibt es ja auch wichtigere Dinge im Moment. Genießt einen entspannten Spätherbst, tanzt unter den ersten Schneeflocken und vor allem mögen die Brauereien Eures Herzens von herbstlichen Trennungsabsichten und emotionalen Traurigkeitsschauern verschon bleiben.